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Bad Ems 2016

Bad Ems - der Börsenklassiker 
Ein Portrait der 38. Bad Emser Mineralientage

von Dr. Michael Au, Bad Nauheim

Bad Ems - mit dem Namen des berühmten Kurortes an der Lahn sind Geschichte und Geschichten verbunden. Insbesondere im 19. Jahrhundert war das „Weltbad“ Ems Treffpunkt einer illustren Gesellschaftsmelange aus Hochadel, Industriellen, Bankiers und Künstlern. So suchten neben dem deutschen Kaiser Wilhelm I. und den russischen Zaren Nikolaus I. und Alexander II. auch Richard Wagner und Fjodor Dostojewski Erholung und Inspiration in Bad Ems. 

Und die Stadt ist zu Recht stolz darauf, dass Jacques Offenbach mehrere seiner Werke, wie „Les Bavards“ oder „Coscoletto“ in dem wunderschönen Marmorsaal des Emser Kurhauses uraufführte. Schon wenige Jahre nach diesen Uraufführungen sollte Bad Ems für kurze Zeit sogar im Mittelpunkt der europäischen Politik stehen. Die „Emser Depesche“ markierte einen Einschnitt in der europäischen Staatenwelt. Durch eine gezielte Indiskretion wurde die öffentliche Meinung so angestachelt, dass sich die Staaten in der Mitte Europas innerhalb weniger Tage im Kriegszustand befanden. Besucher der Kurstadt können noch heute den Ort an der Kurpromenade betrachten, an dem der französische Gesandte Benedetti dem preußischen König Wilhelm I. die Protestnote der französischen Regierung am 13. Juli 1870 übergab.

Emser Tönnchen
Heute steht Bad Ems sicherlich nicht mehr im Mittelpunkt der europäischen Politik, für die Gemeinschaft der Mineraliensammler besitzt der Ort aber weiterhin einen besonderen Klang. Hierfür ist nicht die „Emser Depesche“, sondern das „Emser Tönnchen“ verantwortlich. Der in Bad Ems und seiner Umgebung seit der römischen Epoche dokumentierte Erzbergbau hat insbesondere seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Reihe sehr schöner Mineralienfunde eröffnet. Dabei kommt den Funden sehr schön auskristallisierter Pyro-morphitstufen eine besondere Bedeutung zu. Die Pyromorphite aus den Emser Gruben sind in ihrer Qualität, Ästhetik und Vielfalt nur noch vergleichbar mit den Funden aus Les Farges/Ussel im französichen Zentralmassiv, der Bunker Hill Mine in Idaho (USA) und Daoping, Guangxi, China. Auch wenn der Bergbau in Bad Ems und den umliegenden Gemeinden bereits vor vielen Jahrzehnten eingestellt wurde und Zeitzeugen dieser wichtigen Periode im Stadtbild sich nur noch dem aufmerksamen Beobachter offenbaren, so wird die große mineralogische Tradition der Stadt durch die in jedem Frühjahr stattfinden Bad Emser Mineralientage wach gehalten. Auch in diesem Jahr fand diese Veranstaltung wieder im historischen Kurhaus an der Lahnpromenade statt. In dem besonderen Ambiente des Kurtheaters und des Marmorsaales präsentierten am 3. Aprilwochenende mehr als 50 deutsche und internationale Aussteller ihre Schätze einem interessierten Publikum. Am Stand von Magma Minerals aus Kronsberg in den Niederlanden konnte eine Vielzahl ansprechender Stufen von der Elmwood Mine in Tennessee/USA bewundert werden. Ein besonderes Highlight war aber zweifellos eine 20 x 30 cm große Calcitstufe mit mehr als 10 cm großen, skalenoedrischen Kristallen in einem opaken Weiß, die mit bunt angelaufenen Chalkopyritkristallen besetzt waren.
Mineralien einer weiteren weltbekannten Fundstelle präsentierte Armin Schöler aus Seßlach. Er zeigte Stücke aus Namibia, insbesondere von der Tsumeb Mine, die aus einer alten Sammlung stammten. Neben einer Reihe von Smithsoniten, Dioptasen und Hydrocerrussiten fiel insbesondere eine Tennantitstufe mit sehr gut ausgebildeten und unbeschädigten Kristallen bis zu einer Größe von 2 cm auf. Interessant waren auch schön ausgebildete Stufen von Leadhillit und Mottramit, Minerale, die für die Tsumeb Mine charakteristisch sind, inzwischen aber auf dem Mineralienmarkt gar nicht mehr so häufig angeboten werden. Direkt am Nachbarstand von Marcus Grossmann aus Valley wurden schöne alte Stücke aus dem Siegerland gezeigt, die sonst leider nur noch selten auf den Mineralienbörsen zu sehen sind. Gleich mehrere sehr schön aufgebaute Chalkopyritstufen mit scharf gezeichneten und goldgelb glänzenden Kristallen von der Grube Füsseberg und die klassischen Quarzkristalle mit Dolomit von der Grube Eupel ließen Erinnerungen aufkommen an die Zeiten, als Mineralstufen aus dem Siegerländer Erzbergbau viel präsenter auf Ausstellungen und Börsen waren als heute. Unter den Stücken von Marcus Großmann fand sich auch eine kleine Rarität, die sicherlich nicht nur die Siegerland-Sammler ansprach: eine Stufe mit nadelig ausgebildeten und glänzenden Malachitkristallen, aufgewachsen auf einer Braunsteinmatrix, von der Grube „Burg“, Neunkirchen, eine Fundstelle, von der sicherlich nicht häufig derart schöne Stücke angeboten werden. Bei ReneW MineralS aus den Niederlanden wurden sowohl Mineral-stufen aus Südamerika als auch deutsche Klassiker angeboten. So wurde eine schön aufgebaute Kassiteritstufe auf Arsenopyrit von der Viloco-Mine, aus Bolivien ausgestellt. Daneben fanden sich mehrere kleine Manganitstufen aus Ilfeld im Harz mit hochglänzenden Kristallen und Proustit auf Arsen aus Niederschlema im Erzgebirge.

Siegerländer Spezialitäten und mehr ... 
Eine bemerkenswerte Auswahl an Klassikern aus deutschen Fundorten fand sich auch bei „Kristalle unterm Krönchen“ von Dorothea Herrmann und Norbert Stötzel. Als ausgewiesene Experten von Stufen aus dem Siegerland zeigten sie in diesem Jahr neben schönen Chalkopyriten von der Grube Füsseberg. Weiterhin präsentierten sie aber auch interessante Stücke von den Emser Gruben. So konnte eine Zusammenstellung von Pyromorphiten bewundert werden, gewissermaßen als Referenz an den Veranstaltungsort. Zudem waren Stücke ausgestellt, die heute nur noch selten angeboten werden, so beispielsweise gediegen Eisen vom Bühl bei Kassel oder rosa Apophyllit von St. Andreasberg. Beim Rundgang durch die beiden Ausstellungsräume fiel dem aufmerksamen Betrachter die ungewöhnlich gute Auswahl alpiner Stücke auf. Die Mineralientage in Bad Ems werden bei den Sammlern gern mit einem besonderen Angebot an Mineralien aus klassischen deutschen Fundorten assoziiert, nicht aber mit Kristallstufen aus den Alpen. In diesem Jahr war ein breites Angebot an Stücken aus den Schweizer Alpen zu bewundern. So zeigte Rolf Heeren aus Sinzig eine schöne Kollektion aus tief dunkelbraun gefärbten Rauchquarzen aus dem Gebiet um Göschenen. Bei den angebotenen Stücken handelte es sich um Matrixstufen mit sehr schön aufgebauten und völlig unbeschädigten Kristallen, die sicherlich alle Liebhaber alpiner Mineralien ansprachen. Auch am Stand von Jürgen Margraf, Mittenwald, konnten ausgezeichnete Stufen aus der Schweiz betrachtet werden. Es waren mehrere leicht rauchig getönte Gwindel ausgestellt, die alle von erlesener Qualität waren.


Hermann Haslacher aus Wolfsberg im Lavanttal/Kärnten mit zwei Rauchquarzen aus Kärnten. Foto W. Sand.

Dies insgesamt interessante Angebot alpiner Quarze kann durchaus als eine Referenz an die diesjährige Sonderausstellung der Bad Emser Mineralientage verstanden werden. Standen doch diesmal die außergewöhnlichen Funde der Sammlergruppe aus Wolfsberg in Kärnten im Mittelpunkt der Ausstellung. In sechs großen Schauvitrinen wurden museumsreife Stufen von der Saualpe, aus dem Maltatal, der Koralpe und der Südseite der Hohen Tauern präsentiert. Es ist im Rahmen dieses Berichtes leider nicht möglich, jedes einzelne Stück dieser hervorragenden Präsentation vorzustellen. Stellvertretend sollen deshalb die wunderschönen Axinitkristalle aus der Vitrine von Florian Schwarzowska genannt werden. Diese wirklich „messerscharf“ auskristallisierten, tief dunkelbraun gefärbten Axinite in einer Größe bis sieben Zentimeter stammten aus dem Mischlingsgraben auf der Koralpe. Sie waren im vergangenen Jahr bereits Gegenstand eines ausführlichen Berichtes der MINERALIEN-Welt (Heft 4, 26. Jahrg, S. 18 ff (2015)) gewesen, sodass es besonders interessant war, diese herausragenden Stufen in natürlicher Größe bewundern zu können.

Schätze des Polarurals
Ebenfalls bemerkenswert waren die schön violett gefärbten Amethyste vom Wurtenkees aus den Hohen Tauern, die Hermann Haslacher in seiner Vitrine präsentierte. Die Stücke fielen durch ihre schöne Ausbildung und tiefe Färbung, die bei alpinen Amethysten ja eher selten ist, auf. Schließlich sollen noch die ausgezeichneten Rauchquarze genannt werden, die Walter Sand im Freßgraben auf der Koralpe gefunden hatte. Seine Präsentation war von einem zusätzlichen Reiz dadurch, dass er zugleich auch in der benachbarten Schauvitrine seine außergewöhnlichen Funde von Quarzkristallen, Rauchquarz-gwindel und Titaniten von Puiva im Polarural zeigte, über die er in der MINERALIEN-Welt vor kurzem berichtet hatte (Heft 2, 27. Jahrg. , S. 46 ff (2016)). Walter Sand war auch im Rahmen der 38. Mineralientage in Bad Ems anwesend und stand dem interessierten Publikum für Fragen zu den Funden in Kärnten, aber auch seinen Abenteuern im Polarural zur Verfügung.

Die 38. Bad Emser Mineralientage waren für alle Beteiligten wieder ein großes Erlebnis, ein vielfältiges Angebot schöner Sammlerstufen konkurrierte um das Interesse der Besucher mit einer außergewöhnlichen Sonderausstellung. Mit Spannung können deshalb schon jetzt der 29. und 30. April 2017 erwartet werden: dann werden die 39. Mineralientage in Bad Ems wieder in ihrem einmaligen Ambiente stattfinden. Dr. Michael Au, Bad Nauheim


Walter Sand zeigte in Bad Ems zahlreiche schöne Rauchquarze und Gwindel aus dem Polarural, Russland.

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